
Reden oder Schweigen: Das Schweigerecht im Strafverfahren

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
Wer als Beschuldigter eine polizeiliche Vorladung erhält, steht häufig vor einer belastenden Entscheidung: Soll ich Angaben machen oder besser schweigen? Vielen erscheint es naheliegend, durch kooperatives Verhalten die Angelegenheit möglichst schnell zu klären.
Dabei wird jedoch oft unterschätzt, welche Tragweite selbst kleine, unbedachte Aussagen haben können. Unter Stress oder Unsicherheit werden Details genannt, die später missverstanden werden und sich ungewollt nachteilig auswirken können. Hinzu kommt der weitverbreitete Irrglaube, dass das Schweigen negativ ausgelegt wird. Tatsächlich ist im Strafverfahren das Gegenteil der Fall: Schweigen ist ein grundlegendes Recht, das Beschuldigte im Strafverfahren umfassend schützt.
In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über das Schweigerecht im Strafverfahren.
Das Schweigerecht im Strafverfahren
Das Recht zu Schweigen zählt zu den grundlegenden Rechten eines Beschuldigten im deutschen Strafverfahren. Es beruht auf dem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass niemand verpflichtet ist, zu seiner eigenen Überführung beizutragen. Dies wird auch mit dem – im juristischen Kontext oft genannten – lateinischen Satz „nemo tenetur se ipsum accusare” ausgedrückt, was so viel bedeutet wie: „Niemand muss sich selbst belasten oder an seiner eigenen Verurteilung mitwirken.”
Ob ein Beschuldigter Angaben machen möchte oder nicht, liegt allein in seiner Entscheidung. Dieses Recht ist an mehreren Stellen in der Strafprozessordnung (StPO) verankert, beispielsweise in den §§ 136, 163a StPO.
Schutz durch Schweigen?
Das Schweigerecht bewahrt Beschuldigte davor, vorschnelle oder unbedachte Aussagen zu treffen, die später gegen sie verwendet werden könnten. Gerade in Stresssituationen ist die Gefahr groß, sich missverständlich auszudrücken oder Details falsch in Erinnerung zu rufen. Doch einmal Gesagtes lässt sich im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht wieder zurücknehmen.
Wer schweigt, verhindert damit durch eigene Aussagen eine belastende Beweislage zu schaffen. Stattdessen bleibt es allein die Aufgabe der Ermittlungsbehörden, die vorgeworfene Straftat nachzuweisen.
Schweigen ist kein Schuldeingeständnis. Ermittlungsbehörden und Gerichte dürfen daraus keinerlei Rückschlüsse auf Schuld oder Unschuld ziehen.
Reichweite des Schweigerechts
Das Recht zu Schweigen steht einem Beschuldigten nicht erst im Gerichtssaal zu, sondern bereits, sobald Polizei oder Staatsanwaltschaft ihn offiziell als Beschuldigten eines Strafverfahrens belehren.
Die Strafprozessordnung verpflichtet die Behörden, Betroffene über ihr Schweigerecht aufzuklären. Erfolgt diese Belehrung nicht, sind die später gemachten Aussagen oft nicht verwertbar, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass jemand ohne rechtliche Vorkenntnisse sein Schweigerecht kennt.
Das Schweigerecht bezieht sich ausschließlich auf potenziell belastende Aussagen zum konkreten Tatvorwurf. Angaben zur eigenen Person, wie Name, Adresse oder Geburtsdatum, müssen hingegen gemacht werden, da sie lediglich der Identitätsfeststellung dienen.

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Warum spontane Aussagen riskant sind
Spontane, unüberlegte Äußerungen im Strafverfahren sind vor allem aufgrund ihrer späteren, rechtlichen Bewertung problematisch. Denn was als harmlose Erklärung gemeint war, kann aus Sicht der Ermittlungsbehörden schnell ganz anders aufgefasst werden. Viele Betroffene unterschätzen die Wirkung, die ein einzelner Satz in einer Vernehmung entfalten kann. Er kann missverstanden, aus dem Zusammenhang gerissen oder in ein belastendes Narrativ eingebettet werden.
Schweigen – die beste Verteidigung?
Das Schweigerecht schützt nicht nur vor Selbstbelastung, sondern verschafft Betroffenen auch wertvolle Zeit, um rechtlichen Rat einzuholen. Nach einer polizeilichen Vorladung oder Festnahme stehen viele Menschen unter Druck und tätigen vorschnelle Aussagen „ins Blaue hinein“.
Gerade in dieser Phase ist eine ruhige und überlegte Vorgehensweise entscheidend. Der erste Schritt sollte deshalb der Gang zu einem erfahrenen Strafverteidiger sein. Dieser kann die Ermittlungsakte einsehen, den Vorwurf sachlich einordnen und gemeinsam mit dem Mandanten eine sinnvolle Verteidigungsstrategie entwickeln.
Unbedachte Äußerungen führen häufig zu Widersprüchen. Selbst gut gemeinte Erklärungsversuche aus Angst oder Unwissenheit lassen sich später oft nicht mehr mit der Verteidigungslinie in Einklang bringen. Derartige Widersprüche können sich auf die Glaubwürdigkeit der Aussage auswirken. Wer hingegen schweigt, hält sich alle Optionen offen. So können auch später noch Einlassungen erfolgen – je nachdem, ob diese aus Verteidigersicht sinnvoll sind.
Häufig gestellte Fragen
