Inhaltsverzeichnis
In aller Kürze
- Nach den Pflegegraden entscheidet sich, welche Pflegeleistungen bewilligt werden.
- Pflegeleistungen werden nur bewilligt, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. Damit der Pflegegrad erteilt werden kann, muss der Pflegekasse dargelegt werden, dass die pflegebedürftige Person ihren Alltag ohne Unterstützung nicht mehr bewältigen kann. In der Regel wird dies durch einen Gutachter des medizinischen Dienstes festgestellt.
- Um erfolgreich Pflegeleistungen zu beantragen, sollten Sie jegliche Dokumente, die die Pflegebedürftigkeit nachweisen, eingereicht werden. Dazu zählen z.B. bereits erstellte Gutachten und ärztliche Befunde.
- Wird der Antrag auf Feststellung des Pflegegrads bzw. auf Pflegeleistungen abgelehnt, sollten Sie unbedingt Widerspruch einlegen. Die Frist zur Einlegung des Widerspruchs beträgt 4 Wochen ab Erhalt des Ablehnungsbescheids.
- Außerdem sollte der Widerspruch umfassend begründet werden. Hierbei ist es ratsam, sich bei einem Anwalt für Sozialrecht professionelle Hilfe zu suchen.
Pflegebedürftigkeit stellt vor allem für Betroffene eine große Belastung dar. So kann die kleinste, alltägliche Aufgabe von heute, morgen eine riesige, unüberwindbare Herausforderung darstellen. Bewilligte Pflegeleistungen können jedoch einen erheblichen Beitrag dazu leisten, Betroffene und auch pflegende Angehörige bei der Bewältigung des Alltags zu unterstützen und so zu entlasten. Hierfür muss die Pflegekasse zunächst den Pflegegrad der betroffenen Person anerkennen. Lehnt die Pflegekasse den Antrag jedoch ab, müssen sich Betroffene damit nicht zufrieden geben. In diesem Artikel erhalten Sie die wichtigsten Informationen darüber, wie die Erteilung eines Pflegegrades abläuft und wie Sie gegen einen Ablehnungsbescheid der Pflegekasse vorgehen können.
Gut zu wissen: Aus „Pflegestufe“ wurde „Pflegegrad“. Pflegestufen, wie sie das Pflegesystem in Deutschland bis Ende des Jahres 2016 kannte, gibt es in dieser Form nicht mehr. Die damaligen 3 Pflegestufen wurden von 5 neuen Pflegegraden abgelöst. Diese bestimmen die etwaige Pflegebedürftigkeit danach, wie selbstständig betroffene Personen im Alltag zurechtkommen.
Wie wird ein Pflegegrad ermittelt?
Bevor ein Pflegegrad ermittelt wird, müssen betroffene Personen zunächst die Eigeninitiative ergreifen und einen entsprechenden Antrag bei der Pflegekasse stellen. Damit ein Pflegegrad erteilt wird, muss die Pflegekasse zu der Überzeugung gelangen, dass die betroffene Person ihren Alltag nicht (mehr) ohne Hilfeleistungen anderer bewältigen kann. Um festzustellen, ob tatsächlich ein Pflegegrad vorliegt, fordert die Pflegekasse die zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen an und schickt einen Gutachter des medizinischen Dienstes zu der pflegebedürftigen Person nach Hause. Für die Beurteilung über die Pflegebedürftigkeit einer Person werden durch den Gutachter 6 Module überprüft, die einen Rückschluss auf die Selbstständigkeit bzw. Unselbstständigkeit der Person zulassen sollen.
Diese Module sind:
- Selbstversorgung
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Mobilität
Für jeden Teilbereich werden vom Gutachter Punkte verteilt. Bildet man aus diesen Punkten die Summe, kann mithilfe der finalen Punktezahl die Pflegestufe bestimmt werden. Mit der Zahl der Punkte steigt oder fällt der Pflegegrad – wie die nachfolgende Tabelle veranschaulicht.
Grad der Selbstständigkeit | Punktezahl | Pflegegrad |
Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 12,5 bis 27 | 1 |
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 27 bis unter 47,5 | 2 |
Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 47,5 bis unter 70 | 3 |
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit | 70 bis unter 90 | 4 |
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung | 90 bis 100 | 5 |
Gut zu wissen: Das Gutachten des medizinischen Dienstes dient der Pflegekasse lediglich als Orientierung. In der Praxis kommt die Pflegekasse zwar meist zu dem gleichen Ergebnis über die Pflegebedürftigkeit, theoretisch können sich aber auch zwei Ergebnisse gegenüberstehen. Letztendlich entscheidet die Pflegekasse darüber, ob ein bestimmter Pflegegrad erteilt wird.
Wie schreibt man einen Widerspruch gegen einen abgelehnten Pflegegrad?
Hat die Pflegekasse den Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt, können und sollten Betroffene unbedingt Widerspruch einlegen. Folgende Dinge gilt es dabei zu beachten.
In welcher Frist muss der Widerspruch eingelegt werden?
Nachdem Betroffene den Bescheid der Pflegekasse erhalten haben, können sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Ablehnungsbescheid bei der pflegebedürftigen Person eingegangen ist.Fehlt eine Rechtsmittelbelehrung innerhalb des Bescheides haben Betroffene sogar ein Jahr Zeit, um Widerspruch gegen die Ablehnung der Ein- oder Höherstufung des Pflegegrades einzulegen. Ein solcher ablehnender Bescheid der Pflegekasse muss zwingend eine Belehrung über mögliche Rechtsmittel beinhalten, denn es handelt sich hierbei um einen Verwaltungsakt. Konkret muss also innerhalb des Ablehnungsbescheides darauf hingewiesen werden, dass Widerspruch gegen den abgelehnten Pflegegrad einlegt werden kann.
Wir unterstützen Sie gern bei Fragen rund um das Thema Pflegegrade und Widerspruch. Unsere Anwälte verfügen über jahrelange Praxiserfahrung und geben Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Anliegens. Füllen Sie dafür einfach unser Kontaktformular aus und wir melden uns innerhalb von 24 Stunden bei Ihnen.
Muss der Widerspruch in einer bestimmten Form erfolgen?
Nein, besondere Anforderungen an die Form des Widerspruchs gegen einen Ablehnungsbescheid der Pflegekasse sind grundsätzlich nicht zu beachten. Das heißt für Betroffene, dass es ihnen offensteht, ihren Widerspruch per Brief oder per Fax einzulegen.Beachten Sie jedoch unbedingt, dass es nicht möglich ist, das Widerspruchsschreiben per E-Mail an die Pflegekasse zu senden.
Wie formuliert man einen Widerspruch?
Allein den Antrag auf die Erteilung eines Pflegegrades bei der Pflegekasse zu stellen, kostet den Antragsteller unheimlich viel Zeit und Arbeit. Wird der Antrag abgelehnt und der Pflegegrad nicht anerkannt, bleibt es leider vorerst nicht dabei. Einen Teil der Arbeit möchten wir Ihnen mit unserem kostenlosen Musterbrief gern abnehmen.
Ergänzen Sie hierfür einfach das folgende Formular, indem Sie die entsprechenden Fragen beantworten und schon erhalten Sie Ihr fertiges Widerspruchsschreiben.
Beachten Sie: Die Begründung des Widerspruchsschreibens sollte erst später nachgereicht werden. So können Sie sich die notwendige Zeit nehmen, um Ihre Begründung sorgfältig zu formulieren, ohne weiterhin unter dem Zeitdruck der 4-Wochen-Frist zu stehen.
Sollte der Widerspruch begründet werden?
Ja, Betroffene sollten ihren Widerspruch unbedingt begründen, denn die Begründung stellt den wichtigsten Bestandteil des Widerspruchs dar. Letztendlich entscheidet die Begründung darüber, welche Gesichtspunkte des vorausgegangenen Gutachtens und der Entscheidung über die Pflegebedürftigkeit nun noch einmal genauer geprüft werden. Wohlmöglich wird der beantragte Pflegegrad durch die Pflegekasse doch anerkannt.
Muss die Begründung direkt im Widerspruchsschreiben enthalten sein?
Nein, zunächst reicht es aus, wenn Betroffene den Widerspruch fristgerecht bei der Pflegekasse einlegen – mit dem Hinweis, dass eine Begründung zeitnah folgt.
Eine Begründung innerhalb des ersten Schreibens an die Pflegekasse muss nicht zwingend enthalten sein – und ist auch aus folgendem Grund nicht ratsam: dem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid eines Pflegegrades sollte eine ausführliche und schlüssige Begründung beigefügt werden. Hierfür sollten sich Betroffene entsprechend Zeit nehmen.
Wird die Begründung bereits dem ersten Widerspruchsschreiben beigefügt, das innerhalb eines Monats bei der Pflegekasse eingegangen sein muss, läuft diese Gefahr, unvollständig zu sein. Da es sich bei der Begründung jedoch um den wichtigsten Bestandteil des Widerspruchs handelt, sollten bei der Begründung unter keinen Umständen Abstriche gemacht werden.
Begründung des Widerspruchs: Was sollte enthalten sein?
Wenn Betroffene Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Pflegekasse einlegen, sollte der Widerspruch ausführlich und schlüssig begründet werden. Innerhalb der Begründung empfiehlt es sich, vor allem auf Ausführungen des Gutachtens des medizinischen Dienstes zu beziehen. Wurde das Gutachten des medizinischen Dienstes nicht bereits mit dem Ablehnungsbescheid der Pflegekasse versandt, sollte dieses unbedingt angefordert werden. Die Begründung des Widerspruchs sollte sich in erster Linie auf fachliche Beurteilungen stützen, sodass die Pflegekasse die Einwände entsprechend nachvollziehen kann. Demnach sollten alle zur Verfügung stehenden und für die Beurteilung relevanten medizinischen Befunde als Anhang hinzugefügt werden. Das können beispielsweise Atteste, Bescheinigungen über Krankenhausaufenthalte oder auch Medikamentenpläne sein. Auch die Ergänzung eines Pflegetagebuchs ist sehr sinnvoll. Darin sind – im Idealfall – alle Hilfeleistungen notiert, die im Alltag der betroffenen Person konkret erforderlich sind.
Kleiner Tipp: Auch die Punkteverteilung innerhalb des Gutachtens sollte noch einmal überprüft werden. Möglicherweise hat sich bei der Berechnung der Punktezahl bei der Pflegekasse ein Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen.
Fällt es Ihnen schwer, eine entsprechende Begründung zu formulieren oder sind Sie sich unsicher, welche Dokumente der Begründung angehängt werden sollten? Kontaktieren Sie unsere erfahrenen Rechtsanwälte für Sozialrecht jederzeit mithilfe des Kontaktformulars und erhalten Sie eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Anliegens innerhalb von 24 Stunden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Formulierung Ihrer Widerspruchsbegründung und beraten Sie über das weitere Vorgehen.
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Widerspruch eingelegt: was passiert jetzt?
Wurde der Widerspruch fristgerecht eingelegt, ist die Pflegekasse dazu verpflichtet, die Entscheidung über den beantragten Pflegegrad erneut zu prüfen.
Wenn noch keine Begründung des Widerspruchs erfolgt ist, wird die Pflegekasse zunächst um die Nachreichung der fehlenden Begründung bitten.
Für die Überprüfung der Entscheidung wird dann zumeist auf Grundlage der Akten ein zweites Gutachten angefertigt. In manchen Fällen findet sogar eine zweite Begutachtung der pflegebedürftigen Person durch den zuständigen medizinischen Dienst statt. Auf Grundlage dieses Zweitgutachtens kommt die Pflegekasse dann erneut zu einem Ergebnis über die Pflegebedürftigkeit der betroffenen Person:
Diese erhält entweder den beantragten Pflegegrad, die damit verbundenen Pflegeleistungen und dem Widerspruch wird somit abgeholfen.
ODER
Die Pflegekasse lehnt den Antrag auf den Pflegegrad weiterhin ab und erlässt einen Widerspruchsbescheid.
Widerspruch (bereits) abgelehnt: Was kann man jetzt tun?
Die Pflegekasse ist nach Überprüfung der Sachlage zu dem erneuten Ergebnis gekommen: der betroffenen Person steht keine Ein- oder Höherstufung eines Pflegegrades zu. Der Widerspruch wird abgelehnt.
Aber auch, wenn Betroffene einen Widerspruchsbescheid der Pflegekasse in den Händen halten, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Betroffenen Personen steht dann noch der Weg der Klage vor dem Sozialgericht offen.
Widerspruchsbescheid erhalten: Klage vor dem Sozialgericht
Der Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid des Pflegegrades blieb zwecklos und die Pflegekasse hat einen Widerspruchsbescheid erlassen. Nun haben Betroffene noch die Möglichkeit, Klage vor dem Sozialgericht einzulegen.
Sollten Sie sich für den sozialgerichtlichen Weg entscheiden, raten wir Ihnen, sich rechtliche Beratung einzuholen. Gerne stehen wir Ihnen mit unserer kostenlosen Ersteinschätzung zur Seite.
Wie lange hat man Zeit, um Klage vor dem Sozialgericht einzulegen?
Um Klage vor dem Sozialgericht einzulegen, haben Betroffene einen Monat Zeit. Die Frist beginnt auch dann mit dem Zeitpunkt, an dem der Widerspruchsbescheid der pflegebedürftigen Person zuhause zugestellt worden ist.
Kann man Widerspruch gegen das Gutachten des medizinischen Dienstes einlegen?
Nein, es ist nicht möglich, gegen das Gutachten des medizinischen Dienstes Widerspruch einzulegen, denn hierbei handelt es sich lediglich um eine Orientierungshilfe für die Pflegekasse. Die Pflegekasse ist also beispielsweise nicht dazu verpflichtet, einen innerhalb des Gutachtens zugestandenen Pflegegrad auch tatsächlich anzuerkennen.
Gegen die Entscheidung der Pflegekasse ist es jedoch möglich, Widerspruch einzulegen.
Widerspruch gegen abgelehnte Pflegegrade 1-5: Was muss man beachten?
Innerhalb des deutschen Pflegesystems stellt sich nicht allein die Frage, ob eine Person pflegebedürftig ist oder nicht. Wird die Pflegebedürftigkeit angenommen, muss zunächst einmal festgestellt werden, welche der verschiedenen Pflegegrade (ehemals Pflegestufen) im konkreten Fall vorliegt.
Wie viele verschiedene Pflegegrade gibt es?
Insgesamt gibt es fünf verschiedene Pflegegrade. Der Pflegegrad einer pflegebedürftigen Person, richtet sich danach, wie selbstständig bzw. unselbstständig sie im Alltag agiert und agieren kann.
Der Pflegegrad 1 stellt die niedrigste Stufe dar, bei der die Selbstständigkeit der betroffenen Person gering beeinträchtigt ist. Mit dem höchsten Pflegegrad 5 weisen Pflegebedürftige schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung auf.
Verschiedene Pflegegrade: Gibt es auch Unterschiede für den Widerspruch?
Egal, ob Pflegebedürftige die Ein- oder Höherstufung des aktuellen Pflegegrads beantragt haben, so bleibt das Prozedere dennoch das gleiche.
Das heißt, bei einem Widerspruch gegen einen abgelehnten Pflegegrad 1, Pflegegrad 2 oder Pflegegrad 3 ist weiterhin die Frist von einem Monat zu beachten.
Auch die Begründung sollte hauptsächlich fachliche Beurteilungen enthalten und sich auf das Gutachten des medizinischen Dienstes beziehen. Es sollte jedoch insbesondere darauf geachtet werden, dass der Widerspruch entsprechend des beantragten Pflegegrades begründet wird.
Beispielsweise können mehr Dokumente erforderlich sein, wenn der Widerspruch gegen die Ablehnung des Pflegegrads 3 erfolgt, als bei einem Widerspruch gegen die Ablehnung des Pflegegrads 1.
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