
Wann liegt ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vor?

Tatort Straßenverkehr
Ein Fußgänger wirft einen Gegenstand auf die Fahrbahn, ein wütender Autofahrer zieht absichtlich die Handbremse auf der Autobahn oder jemand verursacht eine Ölspur auf der Fahrbahn – all diese Handlungen können den Straßenverkehr gefährden. Wer durch eine solche Handlung absichtlich oder fahrlässig den Straßenverkehr in Gefahr bringt, macht sich unter Umständen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr strafbar. Doch was genau bedeutet das? Welche Handlungen fallen unter den Tatestand und worin unterscheidet sich dieses Delikt von anderen Delikten aus dem Bereich der Verkehrsdelikte?
In diesem Beitrag erklären wir, was ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist, welche Verhaltensweisen unter den Straftatbestand fallen und welche rechtlichen Konsequenzen Betroffenen drohen können.

Was ist ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr?
Der gefährliche Eingriff in den Straßenverkehr ist in § 315b Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und schützt die Sicherheit des Straßenverkehrs und dessen Teilnehmern vor gezielten, von außen kommenden Störungen. Strafbar macht sich, wer Hindernisse bereitet, Fahrzeuge oder Anlagen beschädigt oder andere ebenso gefährliche Eingriffe vornimmt – und dadurch zum einen die Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen aber dadurch auch Leib, Leben oder bedeutende Sachwerte anderer gefährdet.
Eingriff in den Verkehr von außen
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn jemand von außen in den Straßenverkehr eingreift oder diesen manipuliert, z.B. durch das Aufstellen von Hindernissen oder das Werfen von Gegenständen auf die Fahrbahn. Grundsätzlich nicht unter den Tatbestand fällt es hingegen, wenn der Straßenverkehr durch einen Verkehrsteilnehmer selbst durch Verstöße gegen die geltenden Verkehrsvorschriften, wie z.B. durch zu schnelles Fahren oder Missachtung der Vorfahrt, gestört wird. In diesem Fall kommt allerdings eine Strafbarkeit nach § 315c StGB – nämlich wegen Gefährdung des Straßenverkehrs – in Betracht.
Beinahe-Unfall
Nicht jede gefährliche Situation im Straßenverkehr ist gleich eine Straftat. Damit der Tatbestand des gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr erfüllt ist, muss es auch zu einer konkreten Gefährdung der Rechtsgüter anderer Personen gekommen sein. Das heißt: Es reicht nicht, dass etwas hätte passieren können – es muss fast passiert sein. Die Rechtsprechung geht hierbei dann von einer konkreten Gefährdung aus, wenn es nur dem Zufall zu verdanken ist, dass niemand verletzt oder ein anderes Fahrzeug oder andere Sachen beschädigt wurde. Wer also mit Absicht eine gefährliche Situation schafft und es dabei „nur knapp gut geht“, kann sich trotzdem strafbar machen.
Eine Gefährdung von fremden Sachen ist tatbestandlich allerdings erst dann relevant, wenn eine bestimmte Wertgrenze überschritten wird. In der Regel wird ein Sachwert von etwa 750€ bis 1.300€ als Mindestgrenze angenommen – unterhalb dieser Schwelle liegt keine vollendete Tat im Sinne des § 315b StGB vor.
Subjektive Voraussetzungen: Sowohl Fahrlässigkeit als auch Vorsatz strafbar
Strafbar ist nicht nur, wer andere absichtlich gefährdet, d.h. entsprechenden Vorsatz hinsichtlich der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer hat, sondern auch, wer dies fahrlässig tut – also etwa aus Nachlässigkeit oder Leichtsinn, gefährliche Situationen herbeiführt.
In bestimmten Ausnahmefällen kann auch ein Verkehrsteilnehmer selbst einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr begehen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn das Fahrzeug nicht mehr zum normalen Fortbewegen im Verkehr genutzt wird, sondern gezielt dazu eingesetzt wird, andere zu gefährden oder zu schädigen – also wenn das Verhalten keinen Bezug mehr zum normalen Verkehrsgeschehen hat.

Wir konnten bisher bundesweit mehr als 50.000 Menschen bei ihren rechtlichen Anliegen helfen.
Bei uns warten Sie nicht auf einen Beratungstermin, sondern erhalten Ihre Einschätzung sofort.
Unsere Kundschaft hat unsere Beratung und unseren Einsatz bewertet – das Ergebnis macht uns stolz.
Typische Fallkonstellationen und Beispiele aus der Praxis
Die typischen Fallkonstellationen zeigen, dass es sich dabei keineswegs nur um seltene Ausnahmen handelt – auch scheinbar geringfügige Handlungen können strafbar sein, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die folgenden Beispiele aus der Praxis verdeutlichen, in welchen Situationen strafrechtliche Konsequenzen drohen können.
- Platzieren von Gegenständen auf der Fahrbahn: Wenn jemand absichtlich Gegenstände (z. B. Steine, Holzstücke oder Müll) auf die Fahrbahn legt, kann dies zu schweren Unfällen führen, wenn Fahrzeuge mit diesen Hindernissen kollidieren.
- Werfen von Gegenständen: Das Werfen von Gegenständen von Brücken oder anderen erhöhten Positionen auf vorbeifahrende Fahrzeuge stellt eine extrem gefährliche Gefährdung dar, da die Wucht des Gegenstandes vor allem bei hoher Geschwindigkeit sehr schwerwiegende Folgen haben kann.
- Veränderung oder Entfernung von Verkehrszeichen: Wenn jemand absichtlich Verkehrszeichen entfernt oder verändert, werden Verkehrsteilnehmer in die Irre geführt und es kann zu gefährlichen Verkehrssituationen kommen.
- Beeinflussung von Ampelanlagen oder Bahnschranken: Die absichtliche Manipulation von Ampelanlagen oder Bahnschranken, z. B. durch Hacking oder manuelles Verstellen, kann zu Fehlfunktionen führen und dadurch Unfälle verursachen.
- Straßenblockaden: Das absichtliche Blockieren von Straßen, wie es durch politische Protestaktionen (z. B. „Klimakleber“) geschieht, kann den Verkehr stoppen und gefährliche Situationen für andere Verkehrsteilnehmer schaffen.
- Bewusste Zweckentfremdung von Kraftfahrzeugen: Wenn ein Fahrzeug absichtlich als Waffe eingesetzt wird, etwa durch gezieltes Anfahren von Personen oder das Fahren mit extrem hoher Geschwindigkeit, um anderen Schaden zuzufügen, handelt es sich um einen vorsätzlichen gefährlichen Eingriff.
- Verlorene Ladung: Wenn ein Fahrer seine Ladung nicht ordnungsgemäß sichert und diese während der Fahrt vom Fahrzeug fällt, stellt dies eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar.
- Unzureichende Absicherung von Baustellen: Wenn Baustellen nicht ausreichend abgesichert sind, etwa durch das Fehlen von Warnschildern oder Absperrungen, werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, da sie auf unerwartete Hindernisse oder Veränderungen stoßen.
- Ölspur auf der Fahrbahn: Wenn ein Fahrzeug Öl oder Diesel verliert, ohne dass der Fahrer es bemerkt, führt zu einer rutschigen Spur, die für andere Verkehrsteilnehmer ein großes Risiko darstellt, insbesondere bei schlechten Wetterbedingungen.
- Unachtsam abgestellte Fahrzeuge: Wenn ein Fahrzeug in einer gefährlichen Position geparkt wird – etwa in einer Kurve oder auf einem Gehweg – kann es den Verkehr behindern und zu gefährlichen Situationen führen.
Welche Strafe droht bei einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr?
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr ist eine ernsthafte Straftat mit teils erheblichen Konsequenzen. Wer sich nach § 315b Abs. 1 StGB strafbar macht, kann mit einer Geldstraf- oder Freiheitsstrafe rechnen, die je nach Schwere des Falls variiert. Bei vorsätzlichen Taten droht eine Strafe von bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Täter absichtlich einen Unfall herbeiführen möchte, kann die Strafe sogar bis zu 10 Jahren betragen.
Wer den Eingriff hingegen fahrlässig verursacht, kann mit einer milderen Strafe rechnen – im schlimmsten Fall mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe. Kommt es durch die Tat zu schweren Folgen wie dem Tod eines Menschen oder einer schweren Körperverletzung, können zusätzliche Strafen hinzukommen.
Die genaue Strafe hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Schwere der Tat und der Absicht des Täters. Wer mit einem solchen Vorwurf konfrontiert ist, sollte sich dringend rechtlichen Beistand holen.

Mögliche Nebenstrafen und weitere rechtliche Folgen
Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr hat nicht nur strafrechtliche Konsequenzen, sondern kann auch mit weitreichenden Nebenfolgen und rechtlichen Folgen verbunden sein. Neben Geld- oder Freiheitsstrafen drohen insbesondere auch Fahrverbot und Führerscheinentzug, die für Verkehrsteilnehmer besonders einschneidend sind.
- Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB): Bei schweren Verkehrsdelikten wird in der Regel die Fahrerlaubnis entzogen. Wer sich dennoch hinter das Steuer setzt, macht sich des Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG strafbar.
- Einziehung des Führerscheins: Der Führerschein kann eingezogen werden, was die betroffene Person für die Dauer der Entziehung fahruntüchtig macht.
- Sperrfrist für die Wiedererteilung (§ 69a StGB): In vielen Fällen legt das Gericht eine Sperrfrist fest, innerhalb derer keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Diese Frist beträgt mindestens 6 Monate und kann bis zu 5 Jahre dauern.
- Punkte in Flensburg: Eine solche Tat wird im Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit bis zu 7 Punkten vermerkt – der Höchstwert für eine einzelne Tat.
- Eintrag im Bundeszentralregister: Bei einer Verurteilung zu einer Freiheits- oder Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder drei Monaten wird der Eintrag im Führungszeugnis sichtbar.
Zivilrechtliche Folgen
Zusätzlich zu den strafrechtlichen Konsequenzen drohen zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen, wenn es nicht allein bei einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer geblieben ist, sondern sich tatsächlich ein Unfall ereignet hat. Der Unfallverursacher haftet unter Umständen persönlich – insbesondere in den Fällen, in denen die Kfz-Haftpflichtversicherung die Leistung aufgrund vorsätzlichen Handelns einschränkt oder gänzlich verweigert.
Berufsrechtliche Konsequenzen
In bestimmten Berufsgruppen, etwa bei Personen im öffentlichen Dienst, Berufskraftfahrern oder Beamten, können auch berufsrechtliche Disziplinarmaßnahmen, wie etwa disziplinarrechtliche Verfahren, Suspendierungen oder sogar der Verlust des Arbeitsplatzes, drohen.
Häufig gestellte Fragen
