
Das Recht zu Schweigen: Warum Schweigen oft die beste Lösung ist

Schweigen: Ihr gutes Recht?
Plötzlich steht die Polizei vor der Tür – oder ein Brief mit einer polizeilichen Vorladung landet im Briefkasten. Für viele Betroffene ist das ein Schock: Unsicherheit, Angst und zahlreiche Fragen kommen auf. Eine der häufigsten lautet: Muss ich zu den Vorwürfen etwas sagen – oder darf ich einfach schweigen?
Die Antwort darauf ist klar: Niemand ist verpflichtet, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Im Gegenteil – das Recht zu schweigen zählt zu den zentralen Grundsätzen des Strafverfahrens. Denn wer spricht, läuft Gefahr, sich ungewollt selbst zu belasten.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Schweigen schützt, wer davon Gebrauch machen darf und warum es keineswegs ein Schuldeingeständnis ist, zu schweigen.
Schweigerecht – Was bedeutet das?
Das Recht zu schweigen zählt zu den wichtigsten Schutzrechten im deutschen Strafverfahren. Es erlaubt Beschuldigten, sich nicht zu den Vorwürfen zu äußern – sei es bei einer polizeilichen Vernehmung, vor der Staatsanwaltschaft oder vor Gericht. Ziel ist es, zu verhindern, dass sich jemand selbst belastet. Dieses Grundrecht ist im Strafprozess fest verankert und hat auch verfassungsrechtlich hohes Gewicht.
Wer darf schweigen, wer muss aussagen?
Beschuldigte im Strafverfahren haben das uneingeschränkte Recht, von ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Nach § 136 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) muss jede beschuldigte Person ausdrücklich darüber belehrt werden, dass es ihr freisteht, sich zur Sache zu äußern – das heißt, dass sie nicht verpflichtet ist, eine Aussage zu machen. Dieses Recht gilt unabhängig von der Art der Tat, dem Stand des Verfahrens oder der Anwesenheit eines Verteidigers. Erfolgt diese Belehrung nicht, darf eine abgegebene Aussage vor Gericht nicht verwertet werden.
Das Schweigen eines Beschuldigten darf im Strafverfahren niemals zu seinem Nachteil ausgelegt oder als Schuldeingeständnis interpretiert werden. Auch wenn Betroffene keine Angaben machen, entstehen daraus rechtlich keine Nachteile. Entgegen weitverbreiteter Irrtümer ist es also keinesfalls „verdächtig“, von diesem Recht Gebrauch zu machen.
Anders als Beschuldigte dürfen Zeugen nur unter bestimmten Voraussetzungen schweigen. Grundsätzlich besteht für sie die Pflicht, vor Gericht oder bei der Polizei wahrheitsgemäß auszusagen. Wer als Zeuge die Aussage unberechtigt verweigert oder falsche Angaben macht, kann sich selbst strafbar machen.
Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen, bei denen die Strafprozessordnung ein Zeugnisverweigerungsrecht vorsieht:
- Verwandtschaft: Enge Angehörige des Beschuldigten dürfen schweigen, zum Beispiel Ehegatten, Eltern, Kinder oder Geschwister (§ 52 StPO).
- Berufsgeheimnisträger: Personen mit besonderem Vertrauensverhältnis, wie z. B. Rechtsanwälte, Ärzte, Journalisten oder Geistliche, haben ebenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 StPO).
- Selbstbelastung: Jeder Zeuge darf die Aussage verweigern, wenn er sich dadurch selbst strafrechtlich belasten könnte (§ 55 StPO).
Daher sollten auch Zeugen sorgfältig prüfen, ob sie zur Aussage verpflichtet sind oder ob sie von einem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen dürfen.

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Schweigen oder nicht schweigen?
Wer als Beschuldigter zu einer polizeilichen Vernehmung geladen wird, sollte keinesfalls unüberlegt aussagen – schon gar nicht ohne anwaltliche Beratung. Sie haben jederzeit das Recht, einen Strafverteidiger zu kontaktieren. Die Polizei ist verpflichtet, Ihnen dies zu ermöglichen und auf Wunsch mit der Befragung zu warten, bis der Anwalt anwesend ist. Bei besonders schwerwiegenden Tatvorwürfen kommt unter Umständen eine Pflichtverteidigung in Betracht. In diesen Fällen wird Ihnen automatisch ein Verteidiger zur Seite gestellt.
Grundsätzlich gilt: In vielen Situationen ist es besser, zunächst zu schweigen – selbst wenn Sie sich keiner Schuld bewusst sind. Unter Stress oder Druck sind unbedachte oder missverständliche Aussagen schnell gemacht und lassen sich später nur schwer korrigieren. Insbesondere erkennen juristische Laien oft nicht, welche Angaben strafrechtlich relevant sein könnten. Gerade in der Anfangsphase eines Ermittlungsverfahrens ist die Beweislage für Betroffene meist unklar. Aussagen zu diesem Zeitpunkt können leicht falsch verstanden werden. Deshalb raten Strafverteidiger häufig dazu, zunächst zu schweigen, bis eine vollständige Akteneinsicht möglich war. Erst dann lässt sich beurteilen, ob und in welchem Umfang es sinnvoll ist, eine Aussage zu machen.
Dennoch gibt es keine pauschale Empfehlung. Die Entscheidung, ob geschwiegen oder ausgesagt werden sollte, sollte immer anhand des individuellen Falls und nach Einsicht in die Ermittlungsakte gemeinsam mit einem erfahrenen Strafverteidiger getroffen werden.
Häufig gestellte Fragen
